Trotz aller Fortschritte der modernen Technologie greifen wir immer noch auf altbewährte Methoden zurück – insbesondere bei der Kommunikation. Trotz E-Mail, Videokonferenzen, Textnachrichten, sozialen Medien oder Instant Messages kommt das „gute alte“ Telefongespräch nicht aus der Mode.
Doch genau das wissen auch Betrüger. Sie nutzen aus, dass wir beim direkten Gespräch besonders verwundbar sind. Menschen neigen dazu, Informationen zu glauben, die ihnen direkt erzählt werden. Zudem ist ein solcher Anruf spontan und lässt weniger Zeit, unsere Reaktionen zu überdenken. Dies gibt Kriminellen – sei es ein echter Mensch oder ein Roboter – mehr Spielraum, um klassische Techniken der sozialen Manipulation anzuwenden.
Was bedeutet das für uns? Wir müssen lernen, uns gegen betrügerische Anrufe zu wappnen.
Was heißt "Scam likely"?
Vielleicht haben Sie schon einmal von der Bezeichnung „Scam Likely“ gehört. Dieser wird im englischsprachigen Raum genutzt, wenn der Telefonanbieter bei Personen oder Bots am anderen Ende der Leitung betrügerische Absichten vermutet. In Deutschland lauten diese Warnungen oftmals „Vermutlicher Betrug“, „Potentieller Spam“ oder „Potentieller Betrug“.
Telefonanbieter nutzen verschiedene Möglichkeiten, um betrügerische Anrufe anhand vieler Kriterien und einer Wahrscheinlichkeitsberechnung zu entlarven. Dazu zählen unter anderem Kundenberichte und Netzwerk-Analysen. Beispielsweise wird überprüft, ob eine Nummer in kurzer Zeit viele Anrufe an Personen auf einer „Nicht-Anrufen“-Liste tätigt. Auch VoIP-Anrufe können verdächtig sein. Die so identifizierten Nummern werden dann in eine Datenbank aufgenommen, gegen die künftige Anrufe geprüft werden.
Untersuchungen zeigen, dass Telefonbetrug und Spam weltweit ein Rekordhoch erreicht haben. Im Jahr 2023 handelte es sich bei 28 Prozent aller unbekannten Anrufe um Betrugsversuche oder Spam. Dabei haben 16 Prozent der Verbraucher Geld verloren. Obwohl dies weniger ist als die 22 Prozent im Jahr 2022 sind, stiegen die durchschnittlichen Verluste um 527 Prozent– auf 2.257 US-Dollar pro Vorfall.
Woher kannten sie meine Nummer?
Selbst wenn Sie auf einer „Nicht-Anrufen“-Liste stehen, können Betrüger Ihre Nummer in die Hände bekommen. Mögliche Wege sind:
- Auslesen von sozialen Netzwerken: Öffentliche Profile bieten oft Telefonnummern.
- Datenlecks: Ihre Nummer kann bei einer Sicherheitslücke eines Drittanbieters gestohlen worden sein.
- Phishing-E-Mails: Sie könnten dazu verleitet worden sein, Ihre Nummer preiszugeben.
- Datenhändler: Firmen kaufen und verkaufen personenbezogene Daten.
- Automatische Nummerngenerierung: Software erstellt und wählt zufällige Nummern in einer bestimmten Vorwahlregion.
Die Kosten sind enorm
Weltweit gaben 16 Prozent der Verbraucher an, im Jahr 2023 Geld durch Telefonbetrug verloren zu haben. In einigen Ländern wie Deutschland (19 %) und Frankreich (18 %) ist die Zahl noch höher. Außerdem kostet es die Opfer viel Zeit. Die Verbraucher geben an, dass sie neun Minuten pro Woche - fast acht Stunden pro Jahr - damit verbringen, belästigende Anrufe zu überprüfen.
Was sind die wichtigsten Telefonbetrügereien?
Es gibt mehrere Parteien, die für betrügerische Telefonanrufe verantwortlich sein können: Telefonverkäufer, die die Anrufe tätigen, "Lead-Generatoren", die Nummern sammeln und ihnen zur Verfügung stellen, und VoIP-Unternehmen, die illegale automatische Anrufe, so genannte Robocalls, ermöglichen.
Folgende Fälle können auftreten:
- Imitation: Betrüger geben sich als Behörden, Banken oder Unternehmen aus und versuchen, an persönliche Informationen zu gelangen.
- Technik-Support: Falsche Techniker bitten um Fernzugriff auf Ihren Computer.
- Investitionen: Unaufgeforderte Angebote mit unrealistischen Renditen.
- Gewinnspiele: Angebliche Gewinne, für die Vorauszahlungen verlangt werden.
- Roboteranrufe: Einige automatisierte Anrufe sind legal und können eine nützliche und kostengünstige Möglichkeit für Gesundheitsdienstleister sein, Patienten an Termine zu erinnern, oder für politische Organisationen, um Spenden zu sammeln. Sie ermöglichen jedoch auch Telefonbetrug im großen Stil. Im Jahr 2023 gingen bei der US Federal Trade Commission (FTC) 1,2 Millionen Beschwerden über Robocalls ein. Dies war zwar ein Rückgang gegenüber 1,8 Millionen im Jahr 2022, aber die tatsächliche Zahl der Spam- oder Betrugsanrufe ist wahrscheinlich viel, viel höher.
Wie Sie sich vor betrügerischen Anrufen schützen können
Der einfachste Weg, sich vor betrügerischen Anrufen zu schützen, besteht darin, den Warnhinweis Ihres Anbieters zu beachten. Die gleiche Taktik können Sie bei jeder unbekannten Nummer anwenden. Wenn es sich um einen seriösen Anrufer handelt, wird er wahrscheinlich eine Voicemail-Nachricht hinterlassen. Es kann jedoch sehr mühsam sein, große Mengen potenzieller Spam-/Betrugsanrufe zu überprüfen. Andere Taktiken könnten sein:
- Eintragung in die "Do Not Call"-Registrierung (oder ähnliches): In vielen Ländern gibt es solche nationalen Register, die die meisten legitimen Telefonverkäufer davon abhalten sollen, anzurufen. Im US-amerikanischen DNC-Register sind offenbar über 249 Millionen Telefonnummern aktiv registriert.
- Kontaktaufnahme mit Datenmaklern: Diese zwielichtigen Dritten spielen eine entscheidende Rolle im Ökosystem der Telefonbetrüger. Sie könnten sich direkt an sie wenden und ihre Opt-out-Verfahren befolgen.
- Blockieren bekannter Spam-Nummern: Wenn Sie abheben und es sich um einen Betrug oder Spam handelt, können Sie sicherstellen, dass Sie nie wieder von dieser Nummer hören, indem Sie sie blockieren:
- In iOS: Gehen Sie zu "Kontakte", tippen Sie auf das "i"-Symbol, scrollen Sie nach unten und wählen Sie " Anrufer blockieren".
- Unter Android: Öffnen Sie Ihre Telefon-App, tippen Sie auf die drei Punkte, navigieren Sie zu Anrufliste und tippen Sie auf einen Anruf von der Nummer, die Sie blockieren möchten. Tippen Sie auf Blockieren / Spam melden. Sie können auch einen Anruffilter in der mobilen Sicherheitslösung Ihrer Wahl einrichten.
Es versteht sich von selbst, dass Sie niemals persönliche oder finanzielle Informationen über das Telefon weitergeben oder jemandem erlauben sollten, Software aus der Ferne auf Ihren Computer herunterzuladen.
Was unternimmt die Politik?
Letztes Jahr wurde vorausgesagt, dass die Kosten für betrügerische Robo-Anrufe jährlich um 9 Prozent steigen und im Jahr 2023 weltweit 58 Mrd. Dollar erreichen werden. Die Regierungen sollten sich daher vorrangig mit diesem Thema befassen. In den USA hat die Regulierungsbehörde in den letzten Jahren Geldstrafen in Höhe von mehreren Millionen Dollar gegen Robocall-Firmen, VoIP-Anbieter und Betrugsunternehmen verhängt.
Trotz hoher Geldstrafen für Betrüger sind die Gewinnaussichten oft zu groß, um sie abzuschrecken. Opfer sollten daher Maßnahmen ergreifen und überlegen, wie sie mit unerwünschten Anrufen umgehen.